Stationen auf dem Weg nach Nürnberg

Автор: Пользователь скрыл имя, 27 Января 2011 в 21:57, реферат

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Am 20.11.1945 begann im Nürnberger Justizpalast in der Fürther-Straße 110 im Saal 600 der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher. 21 ehemals führende Vertreter des "1000-jährigen Reiches" saßen auf der Anklagebank.

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Stationen auf dem Weg nach Nürnberg 

     Am 20.11.1945 begann im Nürnberger Justizpalast in der Fürther-Straße 110 im Saal 600 der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher. 21 ehemals führende Vertreter des "1000-jährigen Reiches" saßen auf der Anklagebank.

    Auch gegen sechs Gruppen und Organisationen - das Reichskabinett, das Führerkorps der NSDAP, SS und SD, SA und Gestapo, Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht - wurde Anklage erhoben. Sie lautete auf Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen diedie Menschlichkeit. Nach 9 Monaten wurde am 1.10.1946 das Urteil verlesen: 12 mal die Todesstrafe (Bormann in Abwesenheit), 3 mal lebenslänglich, 4 Zeitstrafen zwischen 10 und 20 Jahren, 3 Freisprüche. Im Anschluß an den internationalen Hauptkriegsverbrecherprozeß fanden die 12 Nürnberger Nachfolgeprozesse statt. Mit dem letzten Urteil am 11. April 1949 waren die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse zu Ende. Sie wurden zu einer umfassenden Darstellung des nationalsozialistischen Regimes. Anläßlich des 50. Jahrestages des Beginns der Nürnberger Prozesse bietet das Bildungszentrum, die Volkshochschule der Stadt Nürnberg, interessierten Laien eine Zusammenstellung wichtiger Inhalte der Prozesse. Den roten Faden bildet dabei die zeitliche Abfolge der Ereignisse: von den ersten Schritten seit 1940 über die Entstehung der Anklageschrift bis zur Eröffnung des Hauptkriegsverbrecherprozesses. Daran schließen sich Auszüge aus den Beweisvorträgen der amerikanischen, britischen, französischen und sowjetischen Anklagebehörde an. Es folgt eine kurze Darstellung der Argumente der Verteidigung und ein Überblick über das Urteil. Exemplarisch werden die Schuldsprüche einschließlich Begründung durch das Gericht für vier der einundzwanzig angeklagten Einzelpersonen im Wortlaut zitiert. Den Abschluß bildet eine Übersicht über die Nürnberger Nachfolgeprozesse.

    Der Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß stellte schon allein in organisatorischer Sicht alles bisher Dagewesene in den Schatten. An 218 Tagen wurde verhandelt. Das Sitzungsprotokoll umfaßt 4 Millionen Wörter und füllte 16 000 Seiten. Von der Anklage wurden 2360 Beweisdokumente vorgelegt, von der Verteidigung 2700. Das Gericht hörte 240 Zeugen und prüfte 300 000 eidesstattliche Erklärungen. Der Prozeß wurde in vier Sprachen geführt: englisch, französisch, russisch und deutsch.

    Die vorliegende Zusammenstellung kann nur eine grobe Skizze sein. Es werden eine Reihe wichtiger Aspekte angesprochen, andere jedoch, die in der zeitgeschichtlichen Forschung und in der politischen Diskussion nach 1949 bis heute eine wichtige Rolle spielen, konnten - schon aus Platzgründen - nicht berücksichtigt werden. 
 
Nürnberg, Juni 1995 
 
Gabi Müller-Ballin
 
 
 

INHALT. 

Einführung  
Stationen auf dem Weg nach Nürnberg 

Zur Vorgeschichte des Hauptkriegsverbrecherprozesses

- Die Erklärung von St. James  
- UNWCC und Moskauer Konferenz  
- Robert Jackson wird Chef der Anklagebehörde  
- Das Londoner Abkommen  
Die Anklage 
- Anklagevertretung 
- Anklageschrift  
- Anklagepunkt 1: Verschwörung 
- Anklagepunkt 2: Verbrechen gegen den Frieden 
- Anklagepunkt 3: Kriegsverbrechen  
- Anklagepunkt 4: Verbrechen gegen die Menschlichkeit 
- Die Angeklagten  
- Reaktionen der Angeklagten auf die Anklageschrift  
 
Die Prozeßeröffnung

Aus den Beweisvorträgen der Anklagebehörde 
- Das Hoßbach-Protokoll  
- KZ-Filme als Beweismaterial  
- Die Schmundt-Notizen  
- "Zwangsarbeit - wirtschaftliche Ausplünderung -  
Verbrechen gegen die menschlichen Lebensgrundlagen"  
- Zeugin Madame Vaillant-Couturier  
- Oradour-sur-Glane  
- Zeuge der Anklage:  
Generalfeldmarschall Friedrich Paulus  
- "Das Verpflegen von Kriegsgefangenen  
ist eine mißverstandene Menschlichkeit"  
- "Technik der Entvölkerung"  
- "12 Gebote für das Verhalten der Deutschen  
im Ostraum und die Behandlung der Russen"  
- Lidice und andere  
- Jüdische Babys in Auschwitz 
 
Die Verteidigung 
- Die Zuständigkeit des Gerichts wird in Frage gestellt  
- Das "tu quoque" Argument  
- Zeuge der Verteidigung:  
Rudolf Höß, Kommandant von Auschwitz

Die Schlußplädoyers der Verteidigung und der Anklagebehörde 
Die angeklagten Organisationen 
Schlußworte der Angeklagten

Die Nürnberger "Prozeß-Gemeinde"

Die Presse in Nürnberg

Das Urteil 
- Die Richter  
- Die Urteilsverkündung  
- Zu den grundsätzlichen Rechtsfragen des Verfahrens  
- Zum Begriff der Verschwörung  
- Schuld oder Unschuld der einzelnen Angeklagten  
- Tabelle der Strafausspüche  
- Die Vollstreckung des Urteils

Zur Bedeutung von "Nürnberg"

Die Nürnberger Nachfolgeprozesse  
- Ärzte und Juristen  
- SS und Polizei  
- Industrielle und Bankiers  
- Militärische Führer  
- Minister und hohe Regierungsbeamte  
- Tabelle der Strafaussprüche 
Zeittafel 
Anmerkungen und Literaturnachweis

Dokumente im Wortlaut 

Stationen auf dem Weg nach Nürnberg. 

Zur Vorgeschichte des Hauptkriegsverbrecherprozesses 

    Bereits 1940 erhoben die britische, tschechische, französische und polnische Regierung offizielle Proteste gegen die Verbrechen, die von den Deutschen während der Besetzung in Polen und der Tschechoslowakei begangen wurden. Im Oktober 1941 verdammte Franklin D. Roosevelt öffentlich " die Hinrichtung ganzer Reihen unschuldiger Geiseln" durch die Deutschen. Winston Churchill, der englische Premierminister, schloß sich diesem Schritt des amerikanischen Präsidenten an. Die Sowjetunion sandte im November 1941 und im Januar 1942 diplomatische Noten aus, in denen die deutsche Regierung der "systematischen und bewußten verbrecherischen Verletzung des Völkerrechts", die durch Brutalitäten und Gewalttaten gegen russische Kriegsgefangene, durch Plünderungen und Zerstörungen sowie durch Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung begangen worden sei, beschuldigt wurde.

Die Erklärung von St. James

    Im Januar 1942 wurde in einer Konferenz in London der erste Schritt zur Formulierung eines Programms für die Behandlung von Kriegsverbrechern unternommen. An dieser Konferenz nahmen Repräsentanten folgender von den Deutschen besetzten Länder teil: Belgien, Tschechoslowakei, Frankreich, Griechenland, Holland, Jugoslawien, Luxemburg, Norwegen und Polen . In der Erklärung von St. James vom 13.1.1942 bezeichneten die Konferenzteilnehmer "als eines ihrer wichtigsten Kriegsziele die Bestrafung der für die Verbrechen Verantwortlichen, und zwar im Wege der Rechtsprechung, gleichgültig, ob die Betreffenden alleinschuldig oder mitverantwortlich für diese Verbrechen waren". (1) Die Unterzeichnermächte verlangten ferner, "daß im Geiste internationaler Solidarität a) die Schuldigen oder Verantwortlichen ohne Ansehen der Nationalität gesucht und vor Gericht gestellt und abgeurteilt würden, b) daß die verkündeten Urteile vollstreckt würden"(2). In der Anerkennung der Erklärung von St. James durch die Vereingten Staaten von Nordamerika, Großbritannien und die Sowjetunion wurde die Ansicht bekräftigt, daß über die Kriegsverbrechen in Gerichtsverfahren verhandelt werden sollte.

    UNWCC und Moskauer Konferenz

    Im Oktober 1942 trat die von 17 Nationen - Australien, Belgien, Kanada, China, Frankreich, Griechenland, Holland, Indien, Jugoslawien, Luxemburg, Neuseeland, Norwegen, Polen, Südafrika, Tschechoslowakei, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika - gebildete "Kriegsverbrechenskommission der Vereinigten Nationen" erstmals zusammen. Die UNWCC (United Nations War Crimes Commission) wurde eine wichtige Zentralstelle für Kriegsverbrecher-Angelegenheiten. Sie empfing und registrierte Anzeigen, die von den Mitgliedsstaaten eingereicht wurden und veröffentlichte Listen von Personen, die der Kriegsverbrechen verdächtig waren.

    Anläßlich der Moskauer Konferenz wurde am 1. November 1943 die "Erklärung über deutsche Grausamkeiten im besetzten Europa" von Großbritannien, der Sowjetunion und den USA veröffentlicht. Ihrzufolge sollten Kriegsverbrecher an das Land, in dem sie die Verbrechen verübt hatten, ausgeliefert, und nach dem dort geltenden Recht verurteilt werden. Die Hauptkriegsverbrecher, deren Taten nicht mehr geographisch lokalisiert werden können, weil sie in mehreren Ländern Verbrechen begingen, sollten nach einer gemeinsamen Entscheidung der Regierungen der Alliierten bestraft werden. Das war die Basis für die späteren Übereinkommen, auf Grund deren die Nürnberger und andere internationale Prozesse (Tokio) abgehalten wurden.

Robert Jackson wird Chef der Anklagebehörde

    Als der Krieg in Europa sich seinem Ende näherte, stellte die Behandlung der Kriegsverbrecher eine der wichtigsten Aufgaben für die Gestaltung des Friedens dar. Während der Konferenz in San Francisco , Anfang Mai 1945, führten diplomatische Vertreter der vier Alliierten Besprechungen über die Errichtung eines Internationalen Militärgerichts zur Aburteilung der europäischen Hauptkriegsverbrecher durch. In den USA wurde der Richter am Obersten Bundesgericht, Robert H. Jackson am 2. Mai von Präsident Truman beauftragt, verbindliche Verhandlungen über die in Aussicht genommenen Verfahren zu führen. Gleichzeitig wurde er zum Chef der Anklagebehörde bestellt. Richter Jackson sammelte zunächst einen Stab von Mitarbeitern um sich und überreichte am 6. Juni 1945 nach einer Reihe von Besprechungen im besetzten Deutschland, in Frankreich und in England einen vorläufigen Bericht an Präsident Truman. In diesem Bericht, der die öffentliche Aufmerksamkeit in weitem Umfang auf sich zog und Anlaß zu vielen Debatten zwischen Juristen und Vertretern der öffentlichen Meinung bot, wurden die grundsätzlichen Rechtsbegriffe und der Plan der Nürnberger Prozesse entwickelt.Sinn und Zweck der Strafverfolgung sei es, so Jackson, "eine gut dokumentierte historische Darstellung dessen zu erarbeiten, was nach unserer Überzeugung ein großangelegter, konzentrierter Plan war, die Aggressionen und Barbareien anzuzetteln und zu verüben, die die Welt schockiert haben ...Wir müssen unglaubliche Ereignisse durch glaubwürdige Beweise festhalten."

Das Londoner Abkommen

    Bald nach der Veröffentlichung des Jackson-Berichtes kamen die Vertreter der vier Alliierten in London zusammen. Die Konferenz wurde am 26.6.1945 eröffnet und erarbeitete in den folgenden Wochen ein "Abkommen über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse" sowie eine "Verfassung der Internationalen Militärgerichte". Trotz ernster Meinungsverschiedenheiten zwischen den vier Delegationen, u.a. bezüglich der Definition der zur Verhandlung anstehenden Verbrechen, des Gerichtsortes, der voraussichtlichen Dauer der Verfahren, kam es am 8.8.45 nach insgesamt 15 Sitzungen zur Unterzeichnung des "Londoner Abkommens", dem sich im folgenden 19 weitere Nationen anschlossen. Das Londoner Abkommen basierte im allgemeinen auf den Vorschlägen des Jackson-Berichts und regelte die Zusammensetzung, die Zuständigkeit und das Verfahren des Internationalen Militärgerichtshofs. Berlin wurde Dauersitz des Tribunals und Nürnberg als Verhandlungsort für den ersten Prozeß ausgewählt. Die Signatarmächte bestimmten sodann die Mitglieder des Tribunals und die Hauptankläger. Letztere erhoben in Berlin am 18. Oktober 1945 die Anklage gegen 24 Einzelpersonen und sechs "Gruppen oder Organisationen".

    Mit der Unterzeichnung des Londoner Statuts stand auch der Gang des Prozesses selbst fest, denn Artikel 24 bestimmte folgenden Verlauf:

a. Die Anklage wird vorgelesen.

b. Der Gerichtshof fragt jeden Angeklagten, ob er sich schuldig bekennt oder nicht.

c. Die Anklagebehörde gibt eine einleitende Erklärung ab.

d. Der Gerichtshof fragt die Anklagebehörde und die Verteidigung, ob und

        welche Beweismittel sie dem Gericht anzubieten wünschen, und entscheidet

        über die Zulässigkeit jedes Beweismittels.

e. Die Zeugen der Anklagebehörde werden vernommen. Nach ihnen die der Verteidigung.

        Danach wird der vom Gericht als zulässig erachtete Gegenbeweis seitens der

        Anklagebehörde oder Verteidigung erhoben.

f. Der Gerichtshof kann jederzeit Fragen an Zeugen oder Angeklagte richten.

g. Anklagebehörde und Verteidiger sollen jeden Zeugen und Angeklagten,

        der Zeugnis ablegt, verhören und sind befugt, sie im Kreuzverhör zu vernehmen.

h. Sodann hat die Verteidigung das Wort.

i. Nach ihr erhält die Anklagebehörde das Wort.

j. Der Angeklagte hat das letzte Wort

k. Der Gerichtshof verkündet Urteil und Strafe. 

Die Anklage. 

Anklagevertreter vor Gericht waren jeweils als Hauptankläger

- für die USA: Justice Robert H. Jackson

- für Großbritannien: S.M. Generalstaatsanwalt Sir Hartley Shawcross, K.C., .M.P.

- für Frankreich: Francois de Menthon, Auguste Champetier de Ribes

- für die UdSSR: General R.A. Rudenko

Die Anklageschrift

Kernpunkt des Londoner Statuts war Artikel 6, der die Zuständigkeit des Internationalen Militärgerichtshofes regelte.

"Die folgenden Handlungen, oder jede einzelne von ihnen, stellen Verbrechen dar, für deren Aburteilung der Gerichtshof zuständig ist. Der Täter solcher Verbrechen ist persönlich verantwortlich:

  • Verbrechen gegen den Frieden: nämlich Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Führung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung internationaler Verträge, Vereinbarungen oder Zusicherungen oder Teilnahme an einem gemeinsamen Plan oder einer Verschwörung zur Ausführung einer der vorgenannten Handlungen;
  • Kriegsverbrechen: nämlich Verletzungen der Kriegsgesetze und der Kriegsgebräuche. Solche Verletzungen umfassen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein, Ermordung, Mißhandlung oder Verschleppung der entweder aus einem besetzten Gebiet stammenden oder dort befindlichen Zivilbevölkerung zur Sklavenarbeit oder zu irgendeinem anderen Zweck, Ermordung oder Mißhandlung von Kriegsgefangenen oder Personen auf hoher See, Tötung von Geiseln, Raub öffentlichen oder privaten Eigentums, mutwillige Zerstörung von Städten, Märkten und Dörfern oder jede durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigte Verwüstung;
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit: nämlich Ermordung, Ausrottung, Versklavung, Verschleppung oder andere an der Zivilbevölkerung vor Beginn oder während des Krieges begangene unmenschliche Handlungen; oder Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen in Ausführung eines Verbrechens oder in Verbindung mit einem Verbrechen, für das der Gerichtshof zuständig ist, unabhängig davon, ob die Handlung gegen das Recht des Landes , in dem sie begangen wurde, verstieß oder nicht. Anführer, Organisatoren, Anstifter und Teilnehmer, die an der Fassung oder Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung zur Begehung eines der vorgenannten Verbrechen teilgenommen haben, sind für alle Handlungen verantwortlich, die von irgendwelchen Personen in Ausführung eines solchen Planes begangen worden sind."(5)

    In der 25.000 Wörter umfassenden Anklageschrift, die auf dem eben zitierten Artikel 6 beruhte, wurde aus a) Verbrechen gegen den Frieden zwei Anklagepunkte, nämlich Anklagepunkt 1 Verschwörung und Anklagepunkt 2 Verbrechen gegen den Frieden.

    Worum ging es der Anklagevertretung im einzelnen? Nachfolgend zentrale Ausschnitte aus der Anklageschrift, die die vier Anklagepunkte näher beschreiben und erläutern.

Anklagepunkt 1: Verschwörung

    Dieser Anklagepunkt bezieht sich auf die Teilnahme als Führer, Organisatoren, Anstifter und Mittäter an der Ausarbeitung oder Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung, die darauf zielte oder mit sich brachte die Begehung von Verbrechen gegen den Frieden, gegen das Kriegsrecht und gegen die Humanität. Mit allen Mitteln, gesetzlichen und ungesetzlichen, wobei die Verschwörer auch Drohung, Gewalt und Angriffskriege erwogen, wollten sie erreichen: den Versailler Vertrag und seine Beschränkungen der militärischen Rüstungen zu vernichten sowie sich die 1918 verlorenen Gebiete und noch weitere anzueignen. Als ihre Ziele immer ungeheuerlicher wurden, planten sie ihre Angriffskriege unter Verletzung internationaler Verträge und Vereinbarungen. Um andere Personen für die Teilnahme zu gewinnen und sich ein Höchstmaß an Kontrolle über das deutsche Volk zu sichern, wurden unter anderem folgende Grundsätze aufgestellt und ausgenutzt: die Lehre vom "deutschen Blut" und von der "Herrenrasse", von der sie das Recht ableiteten, andere Rassen und Völker zu unterjochen und auszurotten; das "Führerprinzip" mit unbegrenzter Macht der Führerschaft und bedingungslosem Gehorsam der anderen; die Lehre, daß Krieg eine edle und notwendige Beschäftigung für die Deutschen sei.

    Die Verschwörer zielten darauf ab, durch Terror und mit dem gewalttätigen Heer der SA die deutsche Regierung zu untergraben und zu stürzen. Sie setzten, nachdem Hitler Reichskanzler geworden war, die freiheitlichen Artikel der Weimarer Verfassung außer Kraft und verboten alle anderen Parteien. Sie festigten ihre Macht durch Gleichschaltung, militärische Erziehung der Jugend, Konzentrationslager, Mord, Zerstörung der Gewerkschaften, Kampf gegen die Kirchen und pazifistischen Vereinigungen, wobei sie Organisationen wie die SS, die Gestapo und andere einsetzten. Zur Verwirklichung ihrer Herrenvolklehre erhoben sie die unbarmherzige Verfolgung und Ausrottung der Juden zum Programm. Von den 9.600.000 Juden, die in Europa unter ihrer Herrschaft lebten, sind nach vorsichtiger Schätzung 5.700.000 verschwunden.

Anklagepunkt 2: Verbrechen gegen den Frieden

    Die meisten Angeklagten wirkten dabei mit, die deutsche Wirtschaft zur Ausrüstung der Militärmaschine umzustellen. Bis März 1935 betrieben sie eine geheime Aufrüstung . Sie verließen die Abrüstungskonferenz und den Völkerbund, verkündeten die allgemeine Wehrpflicht und besetzten die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes. Sie verleibten sich Österreich und die Tschechoslowakei ein und begannen schließlich den Angriffskrieg gegen Polen, obwohl sie wußten, daß sie damit auch mit Frankreich und Großbritannien in Krieg geraten würden. Sodann überfielen sie Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Jugoslawien und Griechenland. Sie marschierten in die Sowjetunion ein und arbeiteten mit Italien und Japan bei dem Angriffskrieg gegen die Vereinigten Staaten zusammen.

    Insgesamt wurden von ihnen dabei 36 internationale Verträge und Abmachungen 64 mal verletzt oder gebrochen; sie sind im Anhang C der Anklageschrift aufgeführt. Dazu gehören unter anderem die Haager Konvention zur friedlichen Regelung von internationalen Streitfragen von 1899 und 1907; die Haager Konvention V über die Respektierung der Rechte und Pflichten neutraler Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges von 1907; der Garantievertrag von Locarno zwischen Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Italien von 1925; zahlreiche Schieds- und Schlichtungsverträge Deutschlands mit benachbarten Ländern; der Pariser Briand-Kellog-Pakt zur Verdammung des Krieges als eines Instruments der nationalen Politik von 1928; eine Reihe von Zusicherungen, Erklärungen und Nichtangriffsverträgen Deutschlands; und die Verletzung des Münchner Abkommens von 1938.

Anklagepunkt 3: Kriegsverbrechen

Abschnitt A 

dieses Anklagepunktes behandelt die Ermordung und Mißhandlung der Bevölkerung von besetzten Gebieten, wobei Erschießen, Erhängen, Vergasen, Aushungern, übermäßiges Zusammenpferchen, planmäßige Unterernährung, systematische Überarbeitung, unzureichende Hygiene, Prügel, Folter und Experimente hervorgehoben werden. Hinzu kommen Massenmorde an Gruppen bestimmter Rasse oder Nationalität, Verhaftung und Freiheitsentzug ohne Gerichtsverfahren sowie unmenschliche Haft in Konzentrationslagern. Die nachfolgenden Einzelheiten sind nur Beispiele aus der Fülle des Materials: In Frankreich kam es zu Massenverhaftungen, denen Martern folgten wie Eintauchen in kaltes Wasser, Erstickung, Ausrenken von Gliedern und Benutzung von Folterwerkzeugen wie des eisernen Helms und elektrischen Stroms. In Nizza wurden im Juli 1944 die Gefolterten zur Schau gestellt. Von 228.000 Franzosen, die in Konzentrationslager gebracht wurden, gab es nur 28.000 Überlebende. In Oradour-sur-Glane wurde die gesamte Ortsbevölkerung erschossen oder lebendig in der Kirche verbrannt. Unzählige Morde und Grausamkeiten wurden in Italien, Griechenland, Jugoslawien und in den nördlichen und östlichen Gebieten begangen. In Polen und in der Sowjetunion gehen die Zahlen in die Millionen. Etwa 1.500.000 Menschen wurden in Majdanek, ungefähr 4.000.000 in Auschwitz umgebracht. Im Lager von Ganow, wo 200.000 Menschen ermordet wurden, kam es zu ausgeklügelten Grausamkeiten wie Bauchaufschlitzen und Erfrierenlassen in Wasserfässern. Massenerschießungen fanden unter Musikbegleitung statt. Im Gebiet von Smolensk wurden mehr als 135.000 Menschen ermordet, im Gebiet von Leningrad 172.000, im Gebiet von Stalingrad 40.000. In Stalingrad selbst wurden nach der Vertreibung der Deutschen über tausend verstümmelte Leichen von Ortsbewohnern gefunden, die Foltermerkmale aufwiesen, darunter 139 Frauen, denen die Arme in schmerzhafter Weise nach hinten gebogen und mit Draht zusammengeschnürt waren; einigen waren die Brüste abgeschnitten worden, auf den Leichen der Männer war der fünfzackige Judenstern mit einem Eisen eingebrannt oder mit einem Messer ausgeschnitten, einigen war der Bauch aufgeschlitzt. In der Krim wurden 144.000 Menschen auf Lastkähne getrieben, aufs Meer gefahren und ertränkt. In Babi Jar bei Kiew wurden über 100.000 Männer, Frauen und Kinder und Greise ermordet, in Kiew selbst 195.000, im Gebiet Rowno über 100.000, im Gebiet von Odessa 200.000, in Charkow etwa 195.000 erschossen, zu Tode gefoltert oder vergast. In Dnjepropetrowk wurden 11.000 Frauen, Greise und Kinder erschossen oder lebendig in eine Schlucht geworfen. Mit den Erwachsenen rotteten die Nazis unbarmherzig auch die Kinder aus. Sie töteten sie in Kinderheimen und Krankenhäusern, begruben sie bei lebendigem Leibe, warfen sie ins Feuer, erstachen sie mit Bajonetten, vergifteten sie, führten Experimente an ihnen aus, zapften ihnen Blut zum Gebrauch in der deutschen Armee ab und warfen sie ins Konzentrationslager, wo sie durch Hunger, Folter und Seuchen ums Leben kamen. Im Lager Janow in Lemberg töteten die Deutschen 8.000 Kinder in zwei Monaten.

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