Автор: Пользователь скрыл имя, 27 Января 2011 в 21:57, реферат
Am 20.11.1945 begann im Nürnberger Justizpalast in der Fürther-Straße 110 im Saal 600 der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher. 21 ehemals führende Vertreter des "1000-jährigen Reiches" saßen auf der Anklagebank.
Abschnitt B
des dritten Anklagepunktes befaßt sich mit der Deportation von Millionen Menschen aus den besetzten Gebieten zur Sklavenarbeit und für andere Zwecke, wobei viele wegen der schrecklichen Verhältnisse schon auf den Transporten starben. Als Beispiele werden unter anderen Belgien angegeben, von wo 190.000 Menschen nach Deutschland verschleppt wurden, die Sowjetunion mit 4.978.000 und die Tschechoslowakei mit 750.000 Deportierten.
Abschnitt C
gilt Mord und Mißhandlung an Kriegsgefangenen, wobei ebenfalls wieder viele Beispiele aufgeführt werden, zu denen unmenschliche Märsche, Prügel, Hunger, Vergasungen, Foltern, Fesselungen und Erschießungen gehören.
Abschnitt D
stellt fest, daß die Angeklagten im Laufe ihrer Angriffskriege in den von den deutschen Streitkräften besetzten Ländern dazu übergingen, in weitem Maße Geiseln aus der Zivilbevölkerung herauszugreifen und zu töten, besonders in Frankreich, Holland und Belgien. In Krajlevo, Jugoslawien wurden einmal 5.000 Geiseln erschossen.
Abschnitt E
betrifft die Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums. Dazu gehörte es, den Lebensstandard in den besetzten Gebieten durch Abtransport von Nahrungsmitteln herabzusetzen und Hungersnöte hervorzurufen, Rohstoffe und Maschinen fortzuschaffen, Geschäftsunternehmungen und industrielle Anlagen zu beschlagnahmen sowie Eigentümer zu zwingen, ihren Besitz "freiwillig" abzutreten. Ferner wurden der Wert der Landeswährungen herabgesetzt, hohe Besatzungssteuern auferlegt, Ländereien für deutsche Siedlungszwecke enteignet, ganze Industriestädte zerstört, Kulturstätten und wissenschaftliche Institute vernichtet, Museen und Galerien geplündert. Frankreich wurden dabei Werte in Höhe von 1.337 Milliarden Francs entzogen. Die Sowjetunion nennt ebenfalls enorme Zerstörungen und Ausbeutungen, darunter 1.710 Städte und 70.000 Dörfer, die von den Deutschen zerstört oder schwer beschädigt wurden, was 25 Millionen Menschen obdachlos machte. Ferner hebt die Sowjetunion hervor, daß die Deutschen Gut und Museum Leo Tolstois zerstörten, das Grab des großen Schriftstellers entweihten und ebenso das Tschaikowskij-Museum in Klin vernichteten. Der Gesamtbetrag der der Sowjetunion zugefügten Schäden wird mit 679 Milliarden Rubel angegeben. Die der Tschechoslowakei entzogenen Werte beliefen sich auf 200 Milliarden Kronen.
Abschnitt F
behandelt die Eintreibung von finanziellen Kollektivstrafen. Die Gesamtsumme der Bußen zum Beispiel, die allein französischen Gemeinden auferlegt wurden, beläuft sich auf 1.157.179.484 Francs.
Abschnitt G
betrifft die frevelhafte Zerstörung von großen und kleinen Städten und Dörfern sowie Verwüstungen ohne militärisch begründete Notwendigkeit. In Norwegen wurde ein Teil der Lofoten zerstört, ebenso die Stadt Telerag. In Frankreich fielen außer Oradour-sur-Glane zahlreiche andere Orte willkürlicher Zerstörung zum Opfer, die Stadt Saint-Die wurde niedergebrannt, der Hafenbezirk von Marseille in die Luft gesprengt, Kurorte wurden in Trümmer gelegt. In Holland wurden Häfen, Schleusen, Deiche und Brücken zerstört und ungeheuere Verwüstungen durch Überflutungen angerichtet. Griechenland und Jugoslawien werden mit vielen sinnlos zerstörten Ortschaften erwähnt, so zum Beispiel das Dorf Skela in Jugoslawien, das durch Feuer dem Erdboden gleichgemacht wurde, wobei die Deutschen alle Einwohner töteten. Das gleiche Schicksal erlitten Lidice und seine Bewohner in der Tschechoslowakei.
Abschnitt H
ist der zwangsweisen Rekrutierung von Zivilarbeitern gewidmet, wobei viele Parallelen zu Abschnitt B bestehen. Für Frankreich werden 936.813 Personen genannt, die gezwungen wurden, in Deutschland zu arbeiten.
Abschnitt I
trägt die Überschrift "Zwang für Zivilbewohner besetzter Gebiete, einer feindlichen Macht den Treueid zu leisten", womit hauptsächlich die Bewohner von Lothringen und dem Elsaß gemeint sind.
Abschnitt J
behandelt die Germanisierung besetzter Gebiete . Auch in diesem Abschnitt werden ausschließlich Beispiele aus Frankreich angeführt, wie zum Beispiel die Ansiedlung von 80.000 Deutschen aus dem Saargebiet und Westfalen in Lothringen, wobei 2.000 französische Bauernhöfe Deutschen übertragen wurden, oder die zwangsweise Germanisierung aller französischen Vor- und Familiennamen im Departement Moselle.
Für alle im Anklagepunkt 3 genannten Taten werden die Bestimmungen, Verträge und Konventionen genannt, die dadurch verletzt wurden.
Dieser Anklagepunkt ist eine Erweiterung des Anklagepunktes 3 und umfaßt folgende zwei Titel: "Ermordung, Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Handlungen gegen Zivilbevölkerungen vor oder während des Krieges" sowie "Verfolgung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen. Neben Judenausrottungen werden in diesem Punkt auch Verbrechen an einzelnen Persönlichkeiten aufgeführt, wie die Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß, des Sozialdemokraten Breitscheid und des Kommunisten Thälmann.
Teil 1 und 2 der Anklageschrift , die Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden betreffend, wurden in erster Linie von den Engländern und Amerikanern verfasst. Für Robert Jackson bestand der Kern der ganzen Klage darin,daß Verbrechen gegen den Frieden zum anerkannten Bestandteil des Völkerrechts erklärt wurden. Die Briten setzten sich gleichfalls für dieses Ziel ein. Die Anklagepunkte "Kriegsverbrechen" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" stützten sich hauptsächlich auf das Beweismaterial über spezifische Grausamkeiten, das von den Sowjets, Franzosen oder den von Deutschen besetzt gewesenen Ländern vorgelegt worden war.
Die Angeklagten
Angeklagt waren 24 Einzelpersonen und 6 Gruppen und Organisationen. Die einzelnen Personen waren (mit Funktionsangaben):
Hermann Göring
Göring
war in der Zeit von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichsführer
der SA, General der SS, Mitglied und Präsident des Reichstags, Preußischer
Innenminister, Präsident der Preußischen Polizei und Chef der Preußischen
Geheimen Staatspolizei, Präsident des Preußischen Staatsrates, Treuhänder
des Vierjahresplans, Reichsluftfahrtminister, Präsident des Ministerrates
für die Reichsverteidigung, Oberhaupt des Hermann-Göring-Konzerns
und designierter Nachfolger Hitlers: Anklagepunkte: 1,2,3,4.
Rudolf Hess
Heß war in der Zeit von
1921 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Stellvertreter des Führers, Reichsminister
ohne Geschäftsbereich, Mitglied des Reichstags, Mitglied des Ministerrates
für die Reichsverteidigung, designierter Nachfolger des "Führers"
nach dem Angeklagten Göring, General der SS und General der SA. Anklagepunkte:
1,2,3,4
Joachim von Ribbentrop
Ribbentrop war in der Zeit
von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Außenpolitischer
Berater Hitlers, Vertreter der NSDAP in auswärtigen Angelegenheiten,
Botschafter in London, Organisator und Leiter der Dienststelle Ribbentrop,
Reichsminister für auswärtige Angelegenheiten, Mitglied des politischen
Stabes des "Führers" im Hauptquartier und General der SS.
Anklagepunkte: 1,2,3,4
Robert Ley
Ley war von 1932 bis 1945:
Mitglied der NSDAP, Reichsleiter, Organisationsleiter der NSDAP, Reichstagsmitglied,
Führer der Deutschen Arbeitsfront, General der SA und Mitorganisator
des "Zentralaufsichtsamtes für die Wohlfahrt der Fremdarbeiter".
Anklagepunkte: 1,3,4
Wilhelm Keitel
Keitel war von 1938 bis 1945:
Chef des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht, Mitglied des Ministerrates
für die Reichsverteidigung und Feldmarschall. Anklagepunkte: 1,2,3,4
Ernst Kaltenbrunner
Kaltenbrunner war in den Jahren
von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Mitglied des
Reichstags, General der Polizei, Staatssekretär für Sicherheit in
Österreich und Chef der Polizei, Polizeipräsident von Wien, Nieder-
und Oberösterreich, Leiter des Reichssicherheitshauptamtes und Chef
der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Anklagepunkte: 1,3,4
Alfred Rosenberg
Rosenberg war in den Jahren
1920 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichstagsmitglied, Reichsleiter
der NSDAP für Weltanschauung und Außenpolitik, Herausgeber der nationalsozialistischen
Zeitung "Völkischer Beobachter" und der "NS-Monatshefte",
Leiter des außenpolitischen Amtes der NSDAP, Sonderbeauftragter für
die gesamte geistige und weltanschauliche Schulung der NSDAP, Reichsminister
für die besetzten Ostgebiete, Organisator des "Einsatzstabes Rosenberg",
General der SS und der SA. Anklagepunkte: 1, 2,3,4
Hans Frank
Frank war in der Zeit von 1932
bis 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Reichstagsmitglied, Reichsminister
ohne Geschäftsbereich, Reichskommissar für die Gleichschaltung der
Justiz, Präsident der Internationalen Rechtskammer und der Akademie
für deutsches Recht, Chef der Zivilverwaltung von Lodz, Oberster Verwaltungschef
der Militärbezirke von Westpreußen, Posen, Lodz und Krakau und Generalgouverneur
der besetzten polnischen Gebiete. Anklagepunkte: 1,3,4
Wilhelm Frick
Frick war von 1932 bis 1945:
Mitglied der NSDAP, Reichsleiter, General der SS, Reichstagsmitglied,
Reichsinnenminister, Preußischer Minister des Inneren, Reichswahlleiter,
Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung, Leiter des Zentralbüros
für die Einverleibung des Sudetenlandes, Memel, Danzig, der einverleibten
Ostgebiete, Eupen, Malmedy und Moresnet, Leiter des Zentralbüros für
das Protektorat Böhmen und Mähren, Generalgouverneur für Unter-Steiermark,
Ober-Kärnten, Norwegen, Elsaß-Lothringen und für alle anderen besetzten
Gebiete, und Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. Anklagepunkte:
1,2,3,4
Julius Streicher
Streicher war von 1932 bis
1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, General in der SA,
Gauleiter von Franken, Hauptschriftleiter des antisemitischen Hetzblattes
"Der Stürmer". Anklagepunkte: 1,4
Walther Funk
Funk war in den Jahren von
1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Hitlers Wirtschaftsberater, Reichstagsmitglied,
Pressechef der Reichsregierung, Staatssekretär im Reichsministerium
für Volksaufklärung und Propaganda, Reichswirtschaftsminister, Preußischer
Wirtschaftsminister, Präsident der Deutschen Reichsbank, Wirtschaftsbevollmächtigter
und Mitglied des Ministerrates für die Reichsverteidigung. Anklagepunkte:
1,2,3,4
Hjalmar Schacht
Schacht war in den Jahren von
1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Reichswirtschaftsminister,
Reichsminister ohne Geschäftsbereich und Präsident der Deutschen Reichsbank.
Anklagepunkte: 1,2
Karl Dönitz
Dönitz war von 1932 bis 1945:
Befehlshaber der U-Boot-Flottille Weddingen, Befehlshaber der U-Boot-Waffe,
Vizeadmiral, Großadmiral und oberster Befehlshaber der deutschen Kriegsmarine,
Hitlers Ratgeber und dessen Nachfolger als Haupt der deutschen Regierung.
Anklagepunkte: 1,2,3
Erich Raeder
Raeder war von 1928 bis 1945:
Oberster Befehlshaber der deutschen Kriegsmarine, Generaladmiral, Großadmiral
und Admiralinspekteur der deutschen Kriegsmarine. Anklagepunkte 1,2,3
Baldur von Schirach
Schirach war von 1924 bis 1945:
Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Reichsjugendführer beim
Stab der Obersten SA-Führung, Reichsleiter in der NSDAP für Jugenderziehung,
Leiter der Hitler-Jugend, Reichsverteidigungskommissar, Reichsstatthalter
und Gauleiter von Wien. Anklagepunkte: 1,4
Fritz Sauckel
Sauckel war in den Jahren 1921
bis 1945: Mitglied der NSDAP, Gauleiter und Reichsstatthalter von Thüringen,
Mitglied des Reichstags, Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz
innerhalb des Vierjahresplanes, zusammen mit dem Angeklagten Ley Leiter
der "Reichsdienststelle für die Fürsorge der Fremdarbeiter",
General der SS und General der SA. Anklagepunkte: 1,2,3,4
Alfred Jodl
Jodl war von 1932 bis 1945:
Oberstleutnant in der Operationsabteilung der Wehrmacht, Oberst, Chef
der Operationsabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalmajor,
Chef des Wehrmachtführungsstabes und Generalleutnant. Anklagepunkte:
1,2,3,4
Martin Bormann
Bormann war in der Zeit von
1925 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichstagsmitglied, Mitglied des
Stabes der Obersten Leitung der SA, Gründer und Leiter der Hilfskasse
der NSDAP, Stabsleiter des "Führer"-Stellvertreters Heß,
Leiter des Parteigerichts, Sekretär des "Führers", Mitglied
des Ministerrats für die Reichsverteidigung, Organisator und Leiter
des Volkssturms, General der SS und General der SA, Anklagepunkte: 1,3,4
Franz von Papen
Papen war in den Jahren zwischen
1932 und 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Reichskanzler,
Vizekanzler, Spezial-Bevollmächtigter für die Saar, Unterhändler
für das Konkordat mit dem Vatikan, Botschafter in Wien und Botschafter
in der Türkei. Anklagepunkte: 1,2
Arthur Seyß-Inquart
Seyß-Inquart war von 1932
bis 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Staatsrat in Österreich,
Innenminister und Minister für Sicherheit in Österreich, Bundeskanzler
von Österreich, Mitglied des Reichstags, Reichsminister ohne Portefeuille,
Chef der Zivilverwaltung in Südpolen, stellvertretender Generalgouverneur
der besetzten polnischen Gebiete und Reichskommissar für die besetzten
Niederlande. Anklagepunkte: 1,2,3,4
Albert Speer
Speer war in den Jahren von
1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichsleiter, Mitglied des Reichstags,
Reichsminister für Bewaffnung und Munition, Leiter der "Organisation
Todt", Generalbevollmächtigter für Bewaffnung in der Reichsstelle
für den Vierjahresplan und Vorsitzender des Rüstungsrates. Anklagepunkte:
1,2,3,4
Konstantin Freiherr von Neurath
Neurath war zwischen 1932 und
1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Mitglied des Reichstags, Reichsminister,
Reichsaußenminister, Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. Anklagepunkte:1,2,3,4
Hans Fritzsche
Fritzsche war von 1933 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Hauptschriftleiter des offiziellen deutschen Nachrichtenbüros, Chef des Rundfunksystems und der Presseabteilung des Reichsministers für Propaganda; Ministerialdirektor im Reichspropagandaministerium, Chef der Rundfunkabteilung der Propagandaabteilung der Nazi-Partei und Bevollmächtigter für die politische Organisation des Großdeutschen Rundfunks. Anklagepunkte: 1,3,4
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach
Krupp war zwischen 1932 und 1945: Leiter der Friedrich-Krupp-AG, Mitglied des Generalwirtschaftsrates, Präsident der Reichsvereinigung der Deutschen Industrie, Leiter der Gruppe für Kohle, Eisen und Metallprodukte unter dem Reichswirtschaftsministerium. Anklagepunkte: 1,2,3,4 (7)
Im Anhang A der Anklageschrift wurden unter dem Namen eines jeden Angeklagten die Tatbestände konkretisiert, auf die die Anklagevertretung sich bei der Feststellung der persönlichen Verantwortung jedes einzelnen stützte.
Neben den einzelnen Angeklagten umfaßte die Anklageschrift sechs "Gruppen und Organisationen": die SS, SA, den "Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht", das "Reichskabinett", das "Führerkorps" der NSDAP und "Gestapo und SD", gegen die Erklärungen ihrer verbrecherischen Betätigung gerichtet werden sollten.
Im Rückblich erscheint es, so Telford Taylor, Mitglied der amerikanischen Anklagebehörde und später Hauptankläger bei den Nürnberger Nachfolgeprozessen, als überaus bemerkenswert, daß vier große Nationen mit unterschiedlichen Rechtstraditionen und politischen Einstellungen in der Lage waren, sich auf ein Dokument zu einigen,das eine brauchbare Basis für die gemeinsame Anklage bot.(8)
Wie nahmen die Gefangenen das furchtbare Dokument auf? Der amerikanische Gerichtspsychologe Gustave M. Gilbert hat die Angeklagten in ihren Zellen beobachtet, mit ihnen gesprochen und ein genaues Tagebuch darüber geführt. Er bittet die Gefangenen, ihre Stellungnahme zu der Anklageschrift mit ein paar Worten an den Rand des Dokuments zu schreiben. Diese Bemerkungen spiegeln nach Ansicht des Psychologen die Charaktere am deutlichsten wider.
Hans Fritzsche: "Es ist die schrecklichste Anklage aller Zeiten. Nur eines ist noch schrecklicher: die Anklage, die das deutsche Volk gegen den Mißbrauch seines Idealismus erheben wird."
Franz v. Papen: " Die Anklage hat mich entsetzt, und zwar wegen 1. der Unverantwortlichkeit, mit der Deutschland in diesen Krieg und die weltweite Katastrophe geworfen wurde, 2. der Anhäufung von Verbrechen, die einige Angehörige meines Volkes begangen haben. Das letztere ist psychologisch unerklärlich. Ich glaube, daß Heidentum und die Jahre der totalitären Herrschaft die Hauptschuld tragen. Durch beides wurde Hitler im Laufe der Jahre ein pathologischer Lügner."
Hjalmar Schacht: "Ich verstehe überhaupt nicht, warum ich angeklagt bin."
Frank: "Ich erwarte den Prozeß als ein gottgewolltes Weltgericht, das berufen ist, die furchtbare Zeit der Leiden unter Adolf Hitler zu prüfen und zum Abschluß zu bringen."
Kaltenbrunner: " Ich fühle mich nicht schuldig an irgendwelchen Kriegsverbrechen, ich habe nur meine Pflicht als Sicherheitsorgan getan und weigere mich, als Ersatz für Himmler zu dienen."
Dönitz: "Keiner dieser Anklagepunkte betrifft mich letzten Endes. Typischer amerikanischer Humor."
Keitel: "Für einen Soldaten sind Befehle Befehle."
Ribbentrop: " Die Anklage richtet sich gegen die verkehrten Leute."
Speer: "Der Prozess ist notwendig. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung für so schreckliche Verbrechen - auch unter einem autoritären System."
Heß: "Ich kann mich nicht erinnern."
Göring läßt einen Geistesblitz los: "Der Sieger wird immer der Richter und der Besiegte stets der Angeklagte sein!" (9)
Es gab nur einen, der unter der Wucht der Anklageschrift zusammenbrach: Dr. Robert Ley, einst mächtiger Führer der Deutschen Arbeitsfront und als Antisemit höchstens noch von Streicher übertroffen. Ley erhängte sich am 25.10.1945 in seiner Zelle.
Leys Platz auf der Anklagebank war allerdings nicht der einzige, der leer blieb. Zwei weitere Männer blieben dem Gericht fern. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und Martin Bormann. Mit Krupp wollte die Anklagebehörde symbolisch die deutsche Rüstungsindustrie erfassen. Die Anklageschrift warf dem Industriellen vor:"... daß er die Machtergreifung der Nazi-Verschwörer förderte und ihre Kontrolle über Deutschland stärkte und festigte; er förderte die Vorbereitung für den Krieg. Er nahm teil an den militärischen und wirtschaftlichen Plänen und Vorbereitungen der Nazi-Verschwörer für Angriffskriege; er genehmigte und leitete Kiegsverbrechen und Verbrechen gegen die Humanität, besonders Ausbeutung und Mißbrauch von Menschen für Arbeit in der Führung von Angriffskriegen, und nahm an diesen Verbrechen teil". (10) Gustav Krupp war jedoch nicht verhandlungsfähig. Anträge der Anklagevertretung, gegen ihn in Abwesenheit zu verhandeln oder an seine Stelle Sohn Alfried zu setzen, wurden von den Richtern abgewiesen. Krupps Platz auf der Anklagebank blieb leer. Leer blieb auch der Platz des Angeklagten Martin Bormann, Hitlers Privatsekretär. Gegen ihn wurde in Abwesenheit verhandelt.